Polnische Landwirtschaftspraktikanten zu Gast beim RBV Starkenburg

Praktikanten 2017
Es steht nicht gut um die deutsch-polnischen Beziehungen. Die politische Situation ist
angespannt, aber nicht hoffnungslos. Dass es aber auch anders geht zeigen der südhessische
Regional Bauernverband Starkenburg, mit Sitz in Griesheim bei Darmstadt, sowie die
Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule in Namyslow/Namslau in der
Woiwodschaft Opole/Oppeln.

Ausgangspunkt dieser nunmehr langjährigen Freundschaft waren die Feierlichkeiten
anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Landwirtschaftsschule in Namyslow/Namslau im
Jahre 2005. Der Geschäftsführer des Regional Bauernverbandes Starkenburg Peter Gheorgean
und LOR a. D. Manfred Fiedler aus Michelstadt sind der Einladung gefolgt und konnten bei
dieser Gelegenheit den Grundstein für eine vielversprechende und langjährige
Zusammenarbeit legen. Bei diesem Besuch wurden die ersten Gespräche über die
Durchführung von Praktika für die Schülerinnen und Schüler aus Namyslow/Namslau an
landwirtschaftlichen Betrieben in den südhessischen Landkreisen Bergstraße, Darmstadt-
Dieburg, Groß-Gerau, Offenbach und dem Odenwaldkreis geführt.

Ein Jahr später konnte die Idee endlich in die Tat umgesetzt werden. Die Praktika können von
da an im Rahmen des europäischen Bildungsprogramms Leonardo da Vinci durchgeführt
werden. Seit 2006 folgen nun jährlich ca. 20 Praktikantinnen und Praktikanten aus
Namyslow/Namslau dem Ruf aus Süd-Hessen. Von Anfang an sind an der Qualifikation der
Jungen Leute aus Polen unter anderem der Betrieb Kurt Adam aus Biblis-Nordheim, der
Betrieb Uwe Baum aus Darmstadt und der Betrieb Hans Laudenberger aus Michelstadt-
Vielbrunn beteiligt, um nur ein paar Gastbetriebe zu nennen.

Seitdem besteht ein sehr guter Kontakte zwischen dem Regional Bauernverband Starkenburg
und dem Verband der Landwirtschaftsschulen in Namyslow/Namslau, der sich von Anfang an
sehr gut weiter entwickelt und schon familiären Charakter angenommen hat, da beide Seiten
sehr engagiert an der Aufrechterhaltung und Intensivierung dieser Beziehungen mitwirken.

Von dem Zeitpunkt an, als die ersten Praktikantinnen und Praktikanten aus der Woiwodschaft
Opole/Oppeln nach Südhessen kamen, haben weit mehr als 200 Schülerinnen und Schüler an
einem vierwöchigen Praktikum in landwirtschaftlichen Betrieben und in Betrieben des Hotelund
Gaststättengewerbes in den südhessischen Landkreisen teilgenommen. Daneben runden
Betriebe die Urlaub auf dem Bauernhof anbieten, Betriebe die Sonderkulturen anbauen,
Ökobetriebe, Reiterhöfe und Direktvermarkter das breite Spektrum an Praktika ab.

Am 27. August war es wieder soweit. Der Geschäftsführer des Regional Bauernverbandes
Starkenburg, Peter Gheorgean, konnte in der griesheimer Geschäftsstelle, nunmehr zum 12
Mal, 12 Schülerinnen und Schüler des Verbandes der Landwirtschaftsschulen aus Namyslow/
Namslau zu einem vierwöchigen Praktikum an Betrieben in Südhessen willkommen heißen
und in die Obhut der Gasteltern übergeben. Mit von der Partie war erneut LOR a. D. Manfred
Fiedler aus Michelstadt, der sich von Beginn an vor allem um das Wohl der im
Odenwaldkreis hospitierenden Praktikantinnen und Praktikanten verdient gemacht hat.

Die Hospitantinnen und Hospitanten aus Polen werden auch in diesem Jahr, wie schon in den
vorangegangenen Jahren, wieder von zwei deutschsprachigen Lehrkräften begleitet, die sich
bereits als Dolmetscher und Ansprechpartner in allen Lebenssituationen bewährt haben. Die
Begleitpersonen unterstützen ihre Schützlinge jedoch nicht nur bei der Bewältigung von
Alltagssituationen im fremden Deutschland, denn für viele der angereisten Jugendlichen ist es
auch gleichzeitig der erste Auslandsaufenthalt, sondern besuchen während des vierwöchigen
Praktikums vor allem auch die Gastbetriebe, um sich ein Bild über die Arbeits- und
Unterkunftssituation zu machen und ein ausführliches Feedback, sowohl von den Gasteltern
als auch von den Praktikantinnen und Praktikanten, über den Verlauf der Hospitation zu
erhalten. Bereits im Jahre 2012 haben sich zum ersten Mal auch Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Polnischen Nationalen Agentur des Programms des ständigen Lernens
„Leonardo da Vinci“ aus Warschau vor Ort von dem hohen Nivea und der außergewöhnlichen
Qualität der Praktika überzeugen können. Die sehr gute Beurteilung gab allen Mitwirkenden
einen Motivationsschub für die Zukunft.

Für die Durchführung der Praktika werden aber nicht nur Möglichkeit vor Ort geschaffen,
sondern es wird auch im besonderem Maße auf die Wünsche der Schule sowie die
Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingegangen. So konnten bereits in der
Vergangenheit auf Betreiben von Direktor Hubicki Praktika auf Gemüsebaubetrieben
durchgeführt werden. Für den Gemüsebau sollen besonders die Schülerinnen und Schüler aus
kleinstrukturierten bäuerlichen Familienbetrieben in der Nähe der Städte begeistert werden,
um ihnen damit Alternativen und neue Perspektiven in der heimischen Landwirtschaft
vorzustellen.

Das Aufenthaltsprogramm sieht aber nicht nur Arbeiten und Lernen vor, sondern beinhaltet
ebenfalls auch immer ein Kultur- und Freizeitprogramm, das den jungen Leuten aus Polen
ihre Gastgeberregion näher bringen soll. So bilden Weinheim mit seinen Burgen, dem
Staudengarten sowie dem Freizeit- und Erlebnisbad Miramar, der Dom zu Speyer, die
Weinstraße und Darmstadt mit der Mathildenhöhe und den unzähligen Einkaufsmöglichkeiten
beliebte Reiseziele. Ein ganz besonderer Höhepunkt im diesjährigen Kulturprogramm soll ein
Besuch in Strasbourg werden, so Peter Gheorgean. Denn gerade in der heutigen Zeit hat
Strasbourg als „Hauptstadt Europas“ und Sitz bedeutender europäischer Institutionen wie dem
Europarat, dem Europaparlament, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem
Europäischen Bürgerbeauftragten und dem Eurokorps einen ganz besonderen symbolischen
Charakter.
Text und Fotos: Dr. Christian Robert Fiedler