Wir Bauern haben Probleme mit Kaspern, die im Hühner- oder Schweinekostüm quietschvergnügt bis halb betrunken mitmarschieren und sich damit lächerlich machen über unsere Tierhaltungsformen. Wir haben Probleme mit Totenkopf-Maiskolben mit der Aufschrift „Glyphosat tötet“. Wenn man wenigstens so ehrlich wäre und würde die Abschaffung Monsantos fordern. Wir haben Probleme mit einigen Spitzenvertretern der GMOs, obwohl wir an der Basis immer besser mit denen kooperieren. Wir haben Probleme mit dem Begriff „Agrarwende“: Gerade die Äußerungen von Aktivisten urbaner Herkunft erschrecken uns, von Menschen, denen jeglicher Bezug zur Landwirtschaft verloren ging und deren Nahrungsbeschaffung zu einem nicht unerheblichen Teil durch den Lieferhelden geschieht! Wir Bauern sind konservative Menschen: konservativ heißt bewahrend. Wir lernen aus den Erfahrungen von Generationen, deshalb sind wir auch nachhaltig. Unsere Jugend war und ist stets innovativ. Die Bewahrung von guten Erfahrungen ergänzt von moderner Innovation macht unseren Erfolg aus. Wir erzielen hohe Erträge mit optimalen Qualitäten sowohl bei der Pflanze, als auch beim Tier und das gelingt uns zu sozialen Preisen. Die Rückstände in Lebensmittel an Wirkstoffen sind international einzigartig gering. Je besser wir wurden, desto höhere Auflagen kamen. Was machen wir falsch?
Man sagt: Wir zerstören den Boden. Ist das so?
Nein, der Boden selbst ist das beständigste Element der Landwirtschaft. Wir können ihn jahrelang unterdüngen, dann verliert er an Ertragskraft. Wir können ihn verdichten, das können wir mit modernen Breitreifen verhindern. Verdichten tun sowieso nur Böden mit einem bestimmten Schluff/Ton-Verhältnis. Sandböden verdichten nicht und auch nicht tonige Böden. Die kurzfristigen Verdichtungen werden durch Frost oder Trockenheit gesprengt!
Man sagt: Wir sind für das Insektensterben mitverantwortlich!
Ja das sind wir, aber nicht in dem Maße, das uns unterstellt wird. In Deutschland werden nur 28 % der Ackerfläche mit Ackerbau bearbeitet. Davon sind 80% Getreide, die nur bei Warndienstaufruf mit Insektiziden behandelt werden. Alle Breitbandinsektizide sind vom Markt. Heutige Insektizide sind hochspezifisch, nicht humantoxisch und haben eine sehr geringe Halbwertszeit. Lediglich im Rapsanbau und bei Obst und Gemüse gibt es Situationen, in denen der Warndienst mehrmals aufruft. Der gemessene Rückgang ist allerdings auch im Wald, im Grünland und vor allem in den Großstädten zu finden.
Man sagt: Wir halten unsere Tiere nicht artgerecht.
Das tut am meisten weh, denn wir leben und arbeiten seit Jahrhunderten mit Tieren. Wir kennen von unseren Großvätern regelrechte Mensch-Tier-Beziehungen mit Arbeitspferden, heute Reitpferden. Erfolgreiche Milchbetriebe kennen jedes ihrer Tiere und wissen auch über deren individuelle Fütterung und Behandlung, insbesondere in der Trächtigkeitsphase. Sonst würde das ganze System nicht funktionieren. Trotzdem gibt es auch bei uns schwarze Schafe, die nicht nur ihren Tieren, sondern auch unserem Ruf schaden! Ja man wünscht sich Kleinstrukturen. Das ist auch verständlich, obwohl wissenschaftlich erwiesen ist, dass Tiere sich in Großbetrieben genauso wohlfühlen können, wenn Haltungsform und Hygiene bautechnisch gelöst sind. Ein Problem besteht doch darin, dass man erst ab einer Mindestgröße von momentan 100 Kühen eine Familie davon ernähren kann. Wir glauben, wenn die Agrarwende darin bestünde, mit 50 Tieren das gleiche zu verdienen, würden wir Freunde!
Man sagt: Wir kontaminieren das Grundwasser.
Das stimmt nur mit Einschränkungen. Die Art und Weise der Düngung geschieht nach wissenschaftlich ermittelten Entzugswerten der jeweiligen Nutzpflanzen. Davon abgezogen wird die im Boden bereits vorhandenen Nährstoffmenge. Wenn wir normale Witterung haben, dann kann hier gar nichts passieren. Nur wenn Extremniederschläge nach erfolgter Düngung kommen, dann kann ein Teil des Düngers in tiefere Bodenschichten verlagert werden. Oder es ist extrem trocken, die Pflanzen bringen keine Erträge, der Dünger wird nicht aufgenommen und wandert mit den Niederschlägen in der vegetationsfreien Zeit nach unten. Doch der Boden hat die Fähigkeit das Nitrat abzubauen, deshalb haben wir auf einem Großteil unserer Flächen keine Probleme. Und da, wo Grundwasser unter den Böden ist, erst recht nicht. Wo kommen also die Probleme her: Vereinfacht gesagt in 2 Intensivregionen. Die erste, wo intensiver Feldgemüseanbau nicht mehr mit Getreide rotiert und geologisch bedingte Vorbelastungen herrschen. Die zweite intensive Viehhaltungsregionen mit Besatzdichten von über 2 GV/ha, bei denen die Betriebsfläche nicht reicht, nach den neuen Auflagen die Gülle ordnungsgemäß als Dünger unterzubringen. Doch sind da „nur“ die Bauern schuld, oder hat man denen das nicht genehmigt? Hätte man nicht auch von der Genehmigungsbehörde Weitsicht verlangen können und ein Baustopp in „überlasteten“ Gebieten? Trotzdem sind diese Probleme zu lösen mit den betroffenen Landwirten. Aber es kann und darf nicht sein, dass wir Kollektivbestrafung praktizieren mit einem Messnetz, dessen Messbrunnen nicht einmal garantieren können, dass die hohen Werte auch wirklich von den Bauern verursacht sind! Mehrmals schon beobachten wir im nächsten Umfeld überhöhter Brunnen Werte unter 10 mg/l. Es wurde keine Ursachenforschung betrieben.
Wie soll denn nun die Agrarwende aussehen? Geringere Tierbesatzdichten?
Machen wir, wenn man uns höhere Preise garantiert. Mindestens 30% Bio? Wenn sich der Anteil Bio auf 30% erhöht, weil am Markt verlangt, werden dem Wunsch des Kunden viele Kollegen folgen! Aber uns zu einem wie auch immer oft ideologisch bedingten Anteil zu zwingen, ohne dass am Markt der Absatz zu ökonomisch relevanten Preisen erfolgt, lehnen wir ab. Denn in der Endphase der Sukzession müssen sowohl biologisch als auch konventionell erzeugte Waren sich am Markt behaupten können. Wir wollen keine ewigen Transfers. In Schutzgebieten kein Dünger und keinen Pflanzenschutz mehr? Das kommt einer Enteignung gleich. Hier wäre nur noch extensive Heuwirtschaft möglich. Der runde Tisch in Baden-Württemberg hat sich dieser Frage intensiv gewidmet und nur die Naturschutzgebiete mit dieser Forderung belegt. Wobei die Betriebe an Kaiserstuhl und am Bodensee Ausnahmegenehmigungen einholen müssen. Bekommen sie die nicht sind 1/3 der Flächen dort „enteignet“ (es geht dort auch kein Bio!). Pflanzenschutz in 10 Jahren um 50% reduzieren? Wie soll das gehen? Unser Problem ist, dass wir mittlerweile z.B. bei Fungiziden keine 3 Wirkstoffe pro Indikation haben, um diese abwechselnd zur Resistenzvorbeuge einsetzen können. 3 Wirkstoffen pro Indikation ist die offizielle wissenschaftliche Empfehlung. Gerade bei wertschöpfungsintensiven Spezialkulturen (Wein, Gemüse,Obst, Kartoffeln) können bei Ausbruch einer Pilzkrankheit ganze Bestände vernichtet werden (Peronospora, Phytophthora, Sphaerotheca,…). Besonders problematisch stellt sich das bei den falschen Mehltaupilzen dar, die nur vorbeugend behandelt werden können. Behandelt man nach erfolgter Infektion, ist der Erfolg nicht mehr gegeben. Auch die biologischen Produzenten müssen behandeln, ihnen bleibt als einziger Wirkstoff oft nur Kupfer. 2016 waren die 3 kg/ Wirkstoff bald aufgebraucht und es gab enorme Schäden, die vereinzelt auch zur Betriebsaufgabe führen können. Unser Fazit: wie werden versuchen, sowenig wie möglich zu behandeln., aber soviel wie nötig, weil wir Einkommen generieren wollen, bei Totalverlust der Liquiditätsverlust droht, wir unsere Saisonarbeitnehmer unbezahlt nach Hause schicken müssen und wir auch psychisch Probleme bekommen. Auf Glyphosat verzichten? Wir mussten vorher auskommen und wir kommen auch nach dem Verbot mit aus. Aber unbestritten ist, dass Gylphosat eines der besten ökologischen Profile hat, es ist nicht humantoxisch und laut BfR nicht krebserregend. Für den pfluglosen Anbau in Hanglagen/Erosionslagen bisher unersetzlich. Zur Totalbekämpfung schwer bekämpfbarer, mehrjähriger Unkräuter (Distel, Winde, Quecke..) werden mehrmalige Applikationen auf Wuchsstoffbasis und anderer Mischpartner nötig sein. Für den Landwirt arbeitsaufwändiger und teurer.
Was bieten wir: Grundlastenergie und Humusaufbau (System Reber):
Mit dem Anbau von Energiepflanzen können wir zweierlei leisten: Klimaneutrale Brennstoffe erzeugen und Humus aufbauen. Nirgend geht das besser als hier. Humusaufbau geht überdies mit verschiedensten Zwischenfrüchten und Winterbegrünung. Hier sind wir noch am Anfang und hierüber lässt sich auch Nitrat binden. Vollversorgung mit heimischer Nahrung! Stabile demokratische Verhältnisse sind im Krisenfall nur durch eine Vollversorgung der eigenen Bevölkerung möglich. Das garantieren wir momentan. Bei einer Ratifizierung des MERCOSUR-Freihandelsabkommens wird versucht mehr billige Ware vom südamerikanischen Subkontinent zu importieren, was hierzulande zu Preisverfall und dem weiteren Aufhören viele Betriebe kommen kann. Das muss aufhören. Für jede Fläche, die hier verbaut, als Ausgleichsfläche aus der Produktion genommen wird oder stillgelegt wird, wird in Südamerika Regenwald gerodet. Das muss verhindert werden. Natürlich betreiben auch in Afrika arme Länder mit uns Handel, welche die Devisen brauchen. Oft spielt dort allerdings die Korruption eine große Rolle und die Bauern würden lieber für die Ernährung der eigenen Bevölkerung produzieren anstatt Cash Crops, für deren Erlöse Waffen und Munition gekauft wird.
Womit alle Bauern gar nicht zufrieden sind, sind die Preise für unsere Produkte. Ob Milch, Weizen, Zuckerrüben oder Gemüse, zu oft sind diese Preise nicht kostendeckend und führen zu einem vermehrten Aufgeben der Betriebe. Gerade die Discounter und LEH-Konzerne üben als quasi Monopolisten einen enormen Druck auf die Erzeuger aus. Deren Spanne stimmt immer, auch wenn wir tiefrote Zahlen schreiben. Hier ist es überfällig, dass eine sogenannte Spannengerechtigkeit eingeführt wird. Es kann nicht sein, dass der Landwirt drauflegt und der Handel alles absahnt!
Wir Bauern sind Garanten für den Erhalt der malerischen Geländestrukturen der Karpaten, der Mittelgebirge, des Rheintales, des Elsass, von ganz Europa und dafür stehen wir: Die, die das Land, die Tiere, die Landschaften und auch die Menschen lieben: Ihre Bauern
Wir wollen uns verbessern, aber nicht abWENDEN? Welche Wende bitte?